Ich bin dezidiert der Ansicht, dass man Betteln verbieten sollte. Im Sozialstaat muss die Unterstützung Bedürftiger anders erfolgen, nicht mit einer Lizenz zum Betteln. Hinsichtlich Personen, die nicht in der Schweiz wohnhaft sind – ich denke in erster Linie an Romas aus Osteuropa – ist die Toleranz der Bettler-Geschäftsmodelle mit Sicherheit die falsche Politik, denn sie ermöglicht die Entstehung schädlicher Strukturen der organsierten Bettelei und Einstellungen, die dem 21. Jahrhundert unwürdig sind. Ich denke vor allem an die Kinder, die entweder direkt zum Betteln angehalten werden oder über das Rollenmodell der Erwachsenen dieselben Verhaltensweisen reproduzieren.
Es gibt sogar den Gedanken, dass das Geben von Geld an Bettler ein Busse für die Gebenden nach sich ziehen müsste: Dies würde den Menschen mit gutem Herzen zeigen, dass sie unwissentlich unerwünschte Strukturen stärken.
Mit einem Bettelverbot in humanitärer Absicht muss die Unterstützung der Zielgruppe im Herkunftsland einhergehen. Diese darf aber nicht nur aus Geldzahlungen oder Geschenken bestehen. Zentral ist die Investition in die Bildung der jungen Generation. Grund- und Berufsschulen schaffen Perspektiven der gesellschaftlichen Integration und vermitteln den Wert von Arbeit und Investitionen in die eigenen Fähigkeiten. Jede Unterstützung muss mit der nicht verhandelbaren Forderung verknüpft werden, dass Eltern ihre Kinder regelmässig zur Schule schicken. Für die Ermöglichung solcher Bildungsprojekte sollte die zweite Tranche des Schweizer Erweiterungsbeitrags rasch deblockiert und nicht länger als Pfand für die Verhandlungen mit der EU zurückgehalten werden. Sinnvolle, straff gemanagte Unterstützungsprojekte nach dem Motto «Fördern und Fordern» sind die weitsichtige Alternative zu Almosen. Sie beruhigen nicht nur das eigene Gewissen, sondern schaffen Perspektiven.