loader image

Im Auftrag der Schweizer Bundesanwaltschaft

Justizdolmetscher

und Übersetzer

Eine Sprache zu reden bedeutet, Zugang zu den Menschen eines fremden Landes zu finden, in dessen Kultur und Geschichte einzudringen, und sich ein klein wenig zugehörig zu fühlen.

Dolmetschen und Übersetzen heisst, die Erwartungen von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund einander anzugleichen und Brücken zu bauen, die Vorurteile überwinden.

Sprachkenntnisse, Zertifizierung, Mitgliedschaften

Meine Sprachkenntnisse

Michael Derrer beherrscht Französisch, Englisch, Russisch und Rumänisch quasi auf Muttersprachniveau und spricht auch sehr gut Polnisch, Ukrainisch, Italienisch und Spanisch.

Er hat zudem gute passive Kenntnisse in Tschechisch, Slowakisch, Bulgarisch, Serbo-Kroatisch, Weissrussisch, Portugiesisch und Niederländisch, liest Texte und Dokumente in diesen Sprachen und übersetzt sie auf Deutsch, Englisch und Französisch.

Zertifizierungen und Mitgliedschaften
Justizdolmetscher

In der Justiz spezialisiere mich auf den Bereich Wirtschaftskriminalität.

Seit 2014 habe ich über 500 Dolmetscheraufträge wahrgenommen:

  • Bundesstrafgericht in Bellinzona
  • Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalpolizei in Bern und Zürich
  • Strafgerichte, Zivilgerichte und Staatsanwaltschaften der Kantone AG, BE, BL, BS, SO und des Landes Baden-Württemberg
Auswahl bisheriger Themen
  • Strafrecht: Raub, Einbruchsdiebstahl, Ladendiebstahl, Trickdiebstahl, Sexuelle Nötigung, Körperverletzung, Kindsmisshandlung, Betrug, Drogenschmuggel, Landfriedensbruch, Geldfälschung, Geldwäscherei, Urkundenfälschung, Kreditkartenmissbrauch, Korruption, Beschimpfung, Tätlichkeiten, Betteln, Rekurs Untersuchungshaft
  • Migration: Unbewilligte Einreise, Gefälschte Einreisedokumente, Ausweisung
  • Zivilrecht: Ehescheidung, Eheschutz/Trennung, Nachbarschaftliche Streitigkeiten, Forderungen, Mietstreitigkeiten, Anfechtung Entlassung, Lohnzahlungen, Arbeitskonflikte, Lohnforderung nach Konkurs
  • Strassenverkehrsdelikte
  • Psychiatrie: Depression und Suizidgefahr von Häftlingen, Psychiatrische Expertisen
  • Schutz schwacher Personen: Beistandschaft, Fürsorgliche Unterbringung
Schriftliche Übersetzungen

Als Übersetzer spezialisiere ich mich auf anspruchsvolle Texte in den Bereichen Wirtschaft und Recht. Einige Vorzeigeprojekte:

Recht und Justiz
  • Strafakten aus osteuropäischen Sprachen für die Schweizer Bundesanwaltschaft (> 500 Seiten)
  • Strafakten aus dem Italienischen (>100 Seiten)
  • Strafurteile, Rechtsbelehrungen, juristische Korrespondenz, internationale Rechtshilfegesuche, Urkunden ins Französische, Englische, Russische, Rumänische
Wirtschaft und Ökonomie
  • Übersetzung von zwei Wirtschaftslehrbüchern für Schweizer Gymnasien ins Englische: Economics (400 Seiten), Business (500 Seiten)
  • Akademische Texte, zum Beispiel: „Ethik und Finanzwirtschaft: Quo Vadis?“ von Paul Dembinski, aus dem Französischen übersetzt von Michael Derrer. 144 Seiten, Stuttgart, Schäffer-Poeschl, 2017
Journalismus
  • Übersetzung, in Zusammenarbeit mit zwei Angestellten, von über 100 Artikeln für das Pilotprojekt von Swissinfo einer russischsprachigen Website. Die erfolgreiche Arbeit legte den Grundstein für eine ständige russischsprachige Site von Swissinfo
Artikel von Michael Derrer über das Dolmetschen und Übersetzen

 

Angleichen von Absichten und Erwartungen

Gedanken aus der Praxis als Dolmetscher und Übersetzer in Osteuropa und Russland

von Michael Derrer 

Die Gefahr der Sachlichkeit

Die nach Russland entsandten Vertreter einer Deutschen Firma hatten ihr Fragenliste gewissenhaft vorbereitet. Im Gespräch mit dem Russischen Geschäftsmann wollte man in einer Stunde die ausschlaggebenden Parameter über die Branche und das Unternehmen in Erfahrung bringen, um einen Investitionsentscheid für die Region zu fällen. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Gesprächspartner würde man nicht zuletzt anhand der Griffigkeit seiner Antworten fällen. Doch nach zwanzig Minuten fragt dieser entnervt, „ob es sich denn hier um ein Gestapo-Verhör handle und ob die Deutschen denn glauben, dass er all sein Wissen gratis preisgebe.“

Um die Empflindlichkeiten nicht unnötig zu strapazieren, zog ich es als Dolmetscher vor, den historische Vergleich nicht zu übersetzen. Stattdessen empfahl ich den Deutschen, sachter vorzugehen und auch persönliches Interesse für das Gegenüber zu zeigen, etwas von sich (nicht nur von der vertretenen Firma) zu erzählen, die Schönheit und Vorzüge der Region zu loben und auch etwas Humor einzubringen. Das Gespräch konnte noch einigermassen gerettet werden, und spätere Termine mit weiteren Gesprächspartnern zeigten mehr Erfolg. Man liess sich fortan mehr Zeit und versuchte, den Erwartungen der Russischen Seite gerecht zu werden, bevor man die wichtigen Fragen stellte.

Vom Sinn der Wörter

Ein Schweizer Geschäftsmann fragt die Rezeptionsdame des Hotels in Nizhnyj Novgorod, ob man das Telefonnetz auch als Internetanschluss verwenden kann. Die Anwort erscheint unzweideutig: „njet!„. Der Schweizer wendet sich betrübt ab – wie soll er denn nun mit seinem Hauptsitz kommunizieren? 

Doch das Wissen, dass „njet“ hier vieles bedeuten kann, z.B. „ich weiss nicht“, „ich bin nicht zuständig für diese Frage“, „ich habe dringendere Aufgaben zu lösen“ oder „ich habe keine Lust, mich mit dieser Frage auseinanderzusetzen“, erlaubte es mir als Dolmetscher, die Situation zu deblockieren. Ein treuherziger Hundeblick und die Frage, ob sie einem denn wirklich nicht helfen kann, da es doch sehr wichtig sei, und die Dame bemüht sich eifrig, die kompetente Person zu finden.

Die Kunst, sich zu präsentieren

Der rumänische Geschäftsmann sendet ein langes Email mit vielen Angaben über sich, seine Firma und sein Projekt. Er möchte zeigen, dass er vertrauenswürdig ist. Eine wörtliche Übersetzung des Textes würde jedoch mit Sicherheit dazu führen, dass keiner der Schweizer Ansprechpartner Interesse an einer Zusammenarbeit zeigt – zu willkürlich ist die Zusammenstellung der Informationen, eine Systematik in der Präsentation ist nicht erkennbar, und die für die schweizerische Seite ausschlaggebenden Schlüsselmomente werden nicht angesprochen. So hole ich auf eigene Initiative zusätzliche Angaben ein und stelle ein Dossier zusammen, das den Schweizer Erwartungen entsprechen kann. Denn die Kunst, sich in schriftlicher Form zu präsentieren, dabei nicht zu lügen, aber dennoch die Fakten im bestmöglichen Licht darzustellen, ist in Rumänien wenig entwickelt.

Die Rolle des Dolmetschers

Die drei Beispiele zeigen, dass eine wörtliche Übersetzung der Kommunikation zusätzliche Hürden in den Weg stellen würden. Die Arbeit eines Dolmetschers und Übersetzers liegt nicht nur in der Wiedergabe von Wörtern und Sätzen in der anderen Sprache. Die linguistische Ebene ist nur ein Teil der Aufgabe, und oftmals nicht der wichtigste. Es geht vor allem auch um die Angleichung der kommunikativen Absichten und Erwartungen, unter Berücksichtigung der Wertvorstellungen und des kulturellen Hintergrunds der Gesprächspartner.

Die Rolle des Dolmetschers und Übersetzers sehe ich daher in erster Linie darin, die richtige Interpretation der Absichten des Kommunizierenden zu ermöglichen.

(Artikel erschienen in Hieronymus, Organ des Schweiz. Übersetzer- und Dolmetscherverbands, 2008)